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Lusimi Quelle: Saarbrücker Zeitung, 19.02.2024

Alte Hasen, junges Talent, tolles Konzert

Das ist schon Tradition: Einmal im Jahr gibt es im Saarbrücker Theater im Viertel musikalische Trüffel satt. Die Formation Savoy Truffle ist drei Tage hintereinander hier auf der Bühne. Diesmal mit neuer Sängerin.

von Sebastian Dingler

Savoy Truffle ist eine achtköpfige Formation, die in mehrerer Hinsicht Alleinstellungsmerkmale für sich verbuchen kann: So dürfte es in Saarbrücken kaum eine andere Rockband geben, die schon so lange existiert, nämlich seit über 30 Jahren. Vor allem nicht in dieser Größe. Zudem ist es unwahrscheinlich, dass irgendeine andere Band dermaßen viele Klangfarben ins Repertoire mischt. Als am Ende des Auftritts im Theater im Viertel Sängerin Sarah Dahlem diese freche Tröte namens Kazoo auspackt, hätte man gerne mal mitgezählt, was so alles vorher schon ertönte.

Volle Bühne vor vollem Haus: Zu neunt drängten sich Savoy Truffle auf der kleinen Bühne des Theaters im Viertel.
Volle Bühne vor vollem Haus: Zu neunt drängten sich Savoy Truffle auf der kleinen Bühne des Theaters im Viertel. Foto: Dingler/Sebastian Dingler

Neben dem üblichen Rockinstrumentarium verwenden Savoy Truffle nämlich auch verschiedene Saxofone, Querflöte, Klarinette, Cello, Percussion, Glockenspiel – und ein Theremin. Dieses magische Gerät wurde vor über hundert Jahren erfunden und erzeugt sphärische Klänge, die durch pure Handbewegungen ausgelöst werden. Gastmusikerin Meike Degand hatte damit in der zweiten Hälfte des Konzertes ihren großen Auftritt. Zunächst blies sie Seifenblasen ins unsichtbare Bedienfeld, dann steuerte sie die Töne mit den Händen – was auch im Jahr 2024 noch wie pure Zauberei wirkte.

Ein weiteres Merkmal von Savoy Truffle ist die Verlässlichkeit. Jedes Jahr spielt die Band drei Konzerte hintereinander im Theater im Viertel und tritt zur Fête de la musique auf dem Ludwigsplatz vor dem Fürst Ludwig auf. Da wirkt es schon außergewöhnlich, wenn sie in diesem Jahr auch mal in der Bel Étage gastiert: Am 12. April will Savoy Truffle dort das 33 1/3-jährige Bandjubiläum feiern.

Die schräge Zahl erklärt Bandchef und Keyboarder Zippo Zimmermann wie folgt: „Wir wollten eigentlich auch 30 Jahre feiern, das ging dann wegen Corona nicht so richtig. Außerdem ist 33 1/3 doch eine tolle Zahl in der Musik.“ Stimmt, denn mit 33 1/3 Umdrehungen pro Minute werden in der Regel Schallplatten abgespielt.

„Es gibt einige in der Band, die sind sehr alt!“, leitete Zimmermann dann eine launige Ansage ein, die sich auf die gute alte Zeit der LP bezog. Denn, die Älteren erinnern sich, auf so einer etwa 20-minütigen Seite befand sich damals manchmal nur ein einziges Stück, besonders gerne bei solchen „symphonischen“ Rockbands wie Yes oder Genesis. Den Hang zu dieser Art Musik ließen Savoy Truffle dann bei „Once the Stone Is Rolling“ erklingen mit üppiger Instrumentierung und obligatorischen Tempowechseln.

Allerdings ließ sich die Band nicht auf diesen Stil festnageln: Handfesten Rock gab es da ebenso zu hören wie Soul, Funk und Disco, psychedelisches Gewaber wie schräge Kunstlieder. Für Zimmermann seien die Songs aber „alles nur Pop-Hits“, wie er schmunzelnd zum Besten gab. An Opulenz mangelt es Savoy Truffle also nicht, wiewohl die Band im Laufe der Jahre auch gelernt hat, die Arrangements an manchen Stellen zwecks Effekterhöhung zu reduzieren. Die Phrase vom guten Wein fällt einem da ein – die Trüffel schreiten im Reifeprozess immer weiter voran.

Fast so lange wie Zimmermann sind Alain Neumann (Percussion) und Frank J. Meyer (Schlagzeug) dabei, die seither eine solide rhythmische Basis liefern. Gitarrist Thom Berger kam auch schon in den Neunzigerjahren in die Band – seine stimmigen Soli sorgten ebenso für spontanen Applaus wie jene von Saxofonistin Kathrin Sude. Sie hat auch schon zwei Jahrzehnte Savoy Truffle auf dem Buckel, ebenso wie Cellistin Sigrid Münchgesang.

Die „Bandküken“ sind Bassist Christoph Brill (seit 2017 dabei) sowie die junge Sängerin Sarah Dahlem, die erst letztes Jahr diese Position übernahm. Das tut sie allerdings so gut, dass man ihr auch die Interpretation von Songs abnimmt, die wahrscheinlich so alt sind wie sie selbst.

Als er eine neue Sängerin brauchte, habe er einfach in den sozialen Netzwerken nachgeschaut, wer etwas kann, erzählte Zimmermann. Mit Dahlem gelang ihm dabei ein Volltreffer. Wie selbstverständlich hat die Jüngste der Band auch eigene Stücke ins Repertoire gebracht, die sich nahtlos in den Savoy-Truffle-Sound einfügten.

Ein bisschen Seelen-Striptease wagte sie auch noch vor den voll besetzten Rängen im TiV: „Ich war schon immer eine Person, die extreme Emotionen hatte, positive wie negative. Ich habe mich oft so gefühlt, als würde ich in einer anderen Welt leben.“ Dieses Gefühl habe sie in dem Lied „Caged Like a Bird“ verarbeitet. Das klang dann aber gar nicht mal schwermütig, sondern kam mit einem flockigen Groove daher.

Am Ende gab es langen Applaus für ein Konzert, das in Sachen melodiöser, stilistischer und klanglicher Abwechslung wirklich nichts zu wünschen übrig ließ.

Jubiläumskonzert: Am 12. April wird Savoy Truffle das 33 1/3-jährige Bandjubiläum feiern. Ausnahmsweise in der Bel Etage.

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