»Wir sind unser eigenes Genre« Savoy Truffle im Gespräch mit Jörg Buschka

CoverErstmal Glückwunsch zur über 20jährigen Bandgeschichte!

Danke!

Ihr habt inzwischen längst auch bundesweit treue Fans, – wollt ihr mit dem neuen Album "deux zéro zéro deux" das Projekt auf eine neue Stufe heben, werdet ihr jetzt zu arroganten "Superstars", denen die Massen die Türen einrennen?

Gegen die Türen einrennende Massen haben wir persönlich nichts einzuwenden. Aber unser Ziel war ein anderes, nämlich musikalisch eine neue Stufe zu erklimmen, insbesondere auch was Arrangements und Sound angeht. Deswegen haben wir diesmal anstatt für 2 Wochen ein Studio mit Tontechniker zu buchen, die CD im Laufe von 15 Monaten selbst in unseren Übungsräumen aufgenommen (sozusagen "Homerecording"), und immer wieder daran gefeilt bzw. Neuaufnahmen gemacht bis wir hundertprozentig zufrieden waren. Einige Titel haben wir auch ganz verworfen.

"Arrogant waren wir schon immer"

Unsere bisherigen CDs waren eigentlich mehr sowas wie Live-Aufnahmen nur ohne Publikum. Diesmal wollten wir nicht nur gute Songs und eine gute Band sondern auch einen wirklich coolen Sound. Deswegen hört man beispielsweise Siggi gelegentlich 4 Celli gleichzeitig spielen; wir haben auch ein bisschen mit Computerdrums herumgespielt, ein paar historische Instrumente bzw. Geräte ausgegraben und Gastmusiker eingeladen.

Es freut uns natürlich, wenn durch die neue CD noch mehr Menschen auf uns aufmerksam werden, aber das wär nur ein Nebeneffekt. Unser Ziel ist einfach die bestmögliche Musik zu machen. Achja und zum Thema Arroganz: Das waren wir doch schon immer! :-)

"Sonst macht niemand diese Musik, also müssen wir sie selbst machen."

Wer hält bei Euch die Truppe zusammen und was ist so "Die gemeinsame Vision"?

Was uns zusammenhält ist wohl die musikalische Idee, die hinter Savoy Truffle steht. Das ist, Musik zu machen, die wir selbst gern hören würden. Leider macht sonst niemand diese Musik, also müssen wir sie selbst machen. :-) Deswegen vertrug die Band es bisher auch ganz gut, dass gelegentlich Mitglieder aus verschiedenen Gründen die Gruppe verlassen haben, weil Savoy Truffle weniger durch Personen, als eben durch Musik definiert wird. Das ist wahrscheinlich das Geheimnis hinter der 20jährigen Lebensdauer von Savoy Truffle.

Was bedeutet der Titel "deux zéro zéro deux"?

Es ist ja eine alte Savoy-Truffle-Tradition Albentitel zu vergeben, die nur wir selbst lustig finden, wie "Chicas & Pigs" oder "Dónde está la piscina?". Wir finden eigentlich ganz gut, dass der Album-Titel ein bisschen rätselhaft und geheimnisvoll wirkt. Aber weil du's bist, wollen wir's doch erklären:

Wir haben bis vor kurzem in Behren lès Forbach im Keller von Alains Mutter geprobt. Dieser Keller war mit einer Alarmanlage gesichert. Die einzigen Personen, die diese Alarmanlage ausgelöst haben – und zwar mehr als einmal – waren wir selbst. Allerdings hat dann, bevor die Polizeieinheiten das Haus gestürmt hätten, immer erst ein freundlicher französischer Polizeibeamter angerufen und nach der Codenummer der Anlage gefragt. Und wir haben dann freundlich mit "deux zéro zéro deux" geantwortet.

Da in diesem Keller praktisch alle Songs der CD entstanden sind, hat diese Zahl für uns sehr viel mit der Musik zu tun, sozusagen die Codenummer der CD. Außerdem repräsentiert der Titel auch ein wenig unsere französische Seite, die ja in der Musik der CD diesmal ein wenig zu kurz gekommen ist. Das wird sich auf dem nächsten Album aber wieder ändern … :-)

Und noch ein kleiner Hinweis an die mitlesenden Einbrecher: Die Alarmanlage in Behren gibt’s nicht mehr und wir proben inzwischen in Saarbrücken.

"Wir sind ja keine Studiomucker."

Euer neues Album habt ihr hörbar nochmal um Einiges aufwendiger eingespielt als die Vorgänger, ich finde, es klingt großartig! Auf eurer Webseite "warnt" ihr davor, Euch einfach als plätschernde Hochzeitsband zu buchen – ihr macht keine Musik, die bloß so nebenbei laufen kann.

Auf gut der Hälfte der Stücke fährt auch das aktuelle Album wieder das gesamte Fahrgestell Eures typischen "Big-Band-Sounds" auf, gebändigt von der verzaubernden Nina Ruchatz und ihrer Stimme. Ihr klingt aber auch mal nach Pop wie Curiosity Killed The Cat ("Give It Up") oder dreckig wie The Gossip ("Thunderstorm", das dann sogar noch orientalisch wird). Gibt es denn einen roten Faden in eurer Musik, der das Ganze zusammenhält?

Ist natürlich immer sehr interessant für uns zu hören, wie wir so klingen. :-) "Curiosity Killed The Cat" und "The Gossip" kennen wir wirklich nur dem Namen nach, keine Ahnung wie deren Musik klingt. Rote Fäden haben wir wohl sogar mehrere, deswegen funktionieren unsere wilden Stilsprünge ganz gut.

"Theoretisch kannst du die ganze CD auch auf der Blockflöte spielen."

Faden Nummer eins: Ninas Gesang. Seien wir doch mal ehrlich: der gemeine Musikhörer hört nur auf die Stimme, und der Rest ist Begleitung. Und diese Stimme ist zwar auch sehr variantenreich, aber immer eindeutig wiedererkennbar und sie führt uns durch alle Titel der CD und stellt den emotionalen Bezug her.

Faden zwei: Der persönliche Musizierstil. Wir sind ja keine Studiomucker, die auf Zuruf in beliebigen Stilrichtungen musizieren können. Wir haben alle auf unseren Instrumenten unseren typischen Sound und unsere typische Spielweisen entwickelt. Beispielsweise ist das typische reduzierte Schlagzeugspiel von Frank immer wiederzuerkennen, egal ob er jetzt Soul, Pop oder Latin spielt, auch Thoms klassischer Fender-Sound zieht sich durch das ganze Album. So spielen auf allen Stücken alle immer wie sie selbst.

Faden Nummer 3: Die Songs. Auch wenn es verschiedene Stile und Sounds sind, es bleiben doch letztlich immer Popsongs mit Strophe und Refrain, die man alle genau so gut nur mit Klavier/Gesang oder Gitarre/Gesang spielen kann. Das heißt wir könnten mit den Songs auch einen Duo-Abend geben und niemand würde sich langweilen. Theoretisch kannst du die ganze CD auch auf der Blockflöte spielen. Aber da wollen wir vielleicht lieber doch kein Konzert daraus machen … :-)

"Es ist nicht unsere Aufgabe,
Journalisten die Arbeit möglichst einfach zu machen."

Also Fäden gibt’s genug, was aber immer ein wenig problematisch ist, wenn wir sagen sollen, was wir für einen Stil spielen. Andererseits sehen wir es auch nicht als unsere Aufgabe an, Journalisten die Arbeit möglichst einfach zu machen, indem wir was spielen, was möglichst einfach einzuordnen ist.

Wir wissen ja noch nicht mal, ob wir eine Mainstream- oder eine Independent-Band sind. Für Mainstream sind wir zu schräg und unberechenbar, für Independent zu poppig und wohlklingend. Eigentlich sind wir unser eigenes Genre.

Auch der lateinamerikanische Einfluß ist deutlich – besonders auf diesem Album, z.B. beim Stück "For A Little While" oder – ganz spanisch – bei "La Salvación". Ist das immer noch die Inspiration eurer drei kleinen Spanien-Tourneen?

Es ist wohl eher umgekehrt: Unser Latin-Drall hat uns nach Spanien geführt. Bei der Besetzung mit Percussion wird's ja automatisch immer ein bisschen Latin-mäßig. Frank und Alain sind ja schon seit ihrer Teenie-Zeit Santana-Fans. Und seit etwa 10 Jahren gibt es mit Calexico ja auch ein Band die Latin und "cool" miteinander verbindet. Das hat uns auch inspiriert.

"Musik im Radio oder Fernsehen interessiert uns eigentlich nicht."

Welche Musik inspiriert Euch sonst noch als Band?

Calexico haben wir ja schon genannt. Die Beatles, weil sie es so locker geschafft haben umwerfende Melodien mit innovativen und teils auch experimentellen Arrangements zu verbinden. Komischerweise sind das alles Bands ohne Frauen. Vom Sound her haben uns die Soul- und Funk-Alben der frühen 70er inspiriert, Marvin Gaye, Al Green, James Brown und sowas, dieser kristallklare, aber dennoch warme und volle Klang.

Was an Popmusik im Radio oder Fernsehen läuft, interessiert uns eigentlich gar nicht. Wir sind da schon eher im Internet auf der Suche nach neuer inspirierender Musik.

Savoy Truffle bei Buschka
Kleine improvisierte Live-Performance für "Buschka entdeckt Deutschland":
Alain Neumann, Nina Widjaja, Zippo Zimmermann – jetzt auch auf DVD

Ich habe Euch ja durch Zufall beim Drehen meiner Internet-Reportageserie "Buschka entdeckt Deutschland" kennengelernt. Wir haben gedreht, wie ihr auf einer Party improvisiert zwei Songs gespielt habt, "Last Night" (auf 'nem Topf statt Drumkit) und "Sag lieber Lebewohl". – Beide sind jetzt auf eurem neuen Album. Sind das Stücke, die ihr vorher schon oft live gespielt habt?

Auf dem Album sind eigentlich nur Stücke, die wir schon auf vielen Konzerten gespielt haben. Das ergab sich aber automatisch, weil unser letztes Album so lange zurück lag.

Nina ist nach über zehn Jahren in der Band inzwischen Frontfrau, ihr Gesang hat immer Präsenz, wirkt auch mal resolut, erinnert bei "No Fifty Ways" fast an Billie Holiday und De-Phazz, während sie im darauf folgenden und für mich gleichzeitig hit-tauglichsten Stück des Albums, "Realize", in mein Ohr haucht wie Marilyn oder eine englisch singende Annett Louisan.

Wie hat Nina Euch im Laufe der Jahre überzeugt, dass sie die Lady für ganz vorne ist – mit dem nötigen Können und Glamourfaktor?

Nina war, bevor sie den Lead-Gesang übernahm, ja schon als zweite Stimme dabei. Das heißt, sie hatte uns ja schon überzeugt, sonst wär sie ja gar nicht in der Band drin.

Backgroundgesang ist übrigens viel schwieriger als Lead-Gesang. Kannst es ja mal selber ausprobieren: versuch die Hauptmelodie irgendeines Musikstücks zu singen. Das klappt meist ganz gut. Und jetzt versuch mal die zweite Stimme zu singen … Das schaffen selbst viele sonst sehr musikalische Menschen nicht.

Und der Glamourfaktor? Der kommt anscheinend ganz von selbst, wenn man bei den glamourösen Savoy Truffle mitspielt. Zu Anfang war Nina nämlich eher etwas schüchtern.

Nina Widjaja
"Lady mit Glamourfaktor": Nina Widjaja

Ist Nina nun die Erzählerfigur der Stücke, und ihr seid die Band, die diese eigene Welt mit instrumentaler Farbe füllt, oder muss sie sich auf eurem musikalischen Planeten zurechtfinden und behaupten – so, dass das Zusammenspiel entweder harmoniert oder die Stücke von den Gegensätzen leben?

Eher ersteres. Alle Stücke auf der CD sind ja um den Text herum entstanden. Das heißt die Geschichte, die erzählt wird, führt zur Musik. Und die kann dann die Gefühle noch verstärken (wie in "Realize" oder "Thunderstorm") oder dem ganzen ein wenig Distanz verpassen, so dass es nicht zu dick aufgetragen wirkt (wie in "No Fifty Ways" oder "Last Night").

Wir passen auch gegebenenfalls die Tempi und Tonarten der Stücke an, so dass es am besten zu Ninas Gesangsstil passt.

"Großes Klangspektakel mit viel Wumms und Bums!"

Wie wichtig war für Euch die Abwechslung zwischen den eher bombastischen, instrumental-lastigeren und den leisen, reduzierten Gesangs-Stücken wie der Ballade "Invisible Strings" (das zum Schluss allerdings überraschend loslegt, als wollte es sagen "Keine Angst – die Band is nich weg!")?

Das ist uns schon wichtig, weil Savoy Truffle ist ja beides: Großes Klangspektakel mit viel Wumms und Bums, aber auch intime, leise, zarte Töne. So ist's bei unseren Konzerten und so soll es auch auf CD sein.

Welche Geschichte gibt’s zu eurem 20er-Jubiläums-Song "The Tube" zu erzählen? Savoy Truffles Abenteuer in London?

Der Text hat unser früherer Sänger Karsten Ries geschrieben, inspiriert von Londoner U-Bahn-Fahrten. Wir picken uns öfters mal Songs aus der Bandvergangenheit raus und spielen sie nochmal, um zu gucken was man daraus Neues machen kann. Und da der Song bisher nur auf einer Kassette erschienen ist, die nach 20 Jahren wahrscheinlich überall bereits zu Staub zerfallen ist, haben wir ihn für die CD neu aufgenommen – natürlich in unserem heutigen Sound.

Wir haben dann unsere beiden ehemaligen Bandmitglieder Urban Weber und Dausi Jacoby in ihren Altersresidenzen aufgesucht und sie gebeten noch mal ihre sehr schönen Parts von damals einzusingen bzw. zu spielen. Der Titel ist somit ein echter Jubiläumssong der zwei verschiedene Savoy-Truffle-Zeitalter miteinander verbindet.

Dausi haben wir damit wohl auch aus dem Dornröschenschlaf wachgeküsst. Er hat nämlich erstmals seit 6 Jahren wieder einen Bass in die Hand genommen und ist seit April dieses Jahres wieder festes Bandmitglied.

Wird es in Zukunft ein paar mehr deutschsprachige Songs wie "Sag Lieber Lebewohl" geben? (das wäre toll!)

An sich gerne. Nur sind unsere Ansprüche an deutsche Songtexte recht hoch. Selbst Bob Dylan beginnt einen Song mit "I once held her in my arms" und das Lied ist grandios. Auf deutsch kannst du so was leider nicht wirklich überzeugend singen: "Ich hielt sie einst in meinen Armen".

Wir schreiben leider auch nicht so gute deutsche Texte, dass sie unseren eigenen hohen Ansprüchen genügen würden.

Wir haben in unserem Programm zwei Songs mit Erich-Kästner-Texten ("Ein Mann gibt Auskunft" und "Sachliche Romanze" beide als Download auf unserer Homepage.) Beide Texte sind unglaublich gut und klingen erstaunlich modern, obwohl sie 80 Jahre alt sind. Also, wenn du jemanden kennst der wirklich gute deutsche Songtexte für uns schreiben würde, dann gibt’s in Zukunft mehr deutschsprachiges.

"Wir haben das Gefühl wir werden überall verstanden."

Ansonsten singen wir auch sehr gerne englisch, aber auch spanisch und französisch. Weil wir die Sprachen mögen und weil wir das Gefühl haben wir werden überall verstanden, auch wenn das Publikum nicht unbedingt die Sprache kann. Jede Sprache hat ja auch ihren eigenen Sound.

Es gibt übrigens eine sehr schicke amerikanische Band namens "Pink Martini", die scheren sich auch nicht groß um Sprachen, sondern singen mit lustigem amerikanischen Akzent Songs auf Französisch oder Spanisch, und sind dennoch überzeugend, weil man hört mit wie viel Liebe und Begeisterung sie das rüberbringen.

Savoy Truffle in Spanien
"Wir werden überall verstanden" – Savoy-Truffle-Konzert in Cuéllar (Spanien)

Was ist Euch wichtig, was ist anders an eurem neuen Album? Was wünscht ihr dem Neuen Baby?

Das wichtigste haben wir Dir ja bereits gesagt: Tolle Songs, klasse Musiker und eine umwerfende Sängerin – jetzt auch im supercoolen Sound! :-)

Vielleicht noch zum Coverfoto: Wir spielen jedes Jahr 3 Konzerte hintereinander im Saarbrücker "Theater im Viertel". Auf dem Foto siehst du die Bühne kurz vor dem Konzert am 21. Januar 2011. Wir haben nur den riesigen "Sonor"-Schriftzug aus Franks Bass-Drum wegretuschiert und durch ein Trüffelschwein ersetzt, außerdem unser Banner weggeschnitten, denn sonst hätte der Schriftzug "Savoy Truffle" zwei mal auf dem Cover gestanden. Das hätte komisch ausgesehen.

Und was wir uns wünschen? Dass die CD allen, die sie hören, mindestens genau so gut gefällt wie uns selbst. That's all!

Savoy Truffle Coverfoto
Original des Cover-Fotos (ohne Retusche an der Bassdrum)

Wann startet eure Tournee, und wird es auch sowas wie TV-Auftritte oder Festival-Gigs geben?

Für Konzerttermine guckt bitte auf www.savoy-truffle.de nach. Da sind sie dann auch auf dem aktuellen Stand.

"Wir sehen uns als grenz­übergreifende Band."

Wir freuen uns allerdings besonders darüber, dass wir in diesem Jahr die kulturellen Vertreter unserer Heimatstadt Saarbrücken in der Quattropole sind. Das ist das grenzübergreifende Städtenetzwerk Trier, Metz, Luxembourg und Saarbrücken. Dieser Job passt sehr gut zu uns, da wir uns selbst als grenzübergreifende Band sehen.

Nächstes Jahr ist eine kleine Tour durch Österreich geplant und Spanien steht auch mal wieder an – zumal wir jetzt mit Dausi wieder einen Fließend-Spanisch-Sprechenden dabei haben.

"Wir kommen in euer Wohnzimmer!"

Des weiteren haben wir uns überlegt, dass viele unserer Fans inzwischen über 30 sind und nicht mehr so gerne das Haus verlassen. Deswegen haben wir uns gesagt, kommen wir doch einfach statt dessen zu ihnen! Wir kommen in euer Wohnzimmer mit ein paar Akustik-Instrumenten und spielen dort ein Konzert. Wie's geht steht auf www.savoy-truffle.de/wohnzimmerkonzert

Wie läuft ein Konzert bei Euch ab? Wieviel Interaktion gibt es mit dem Publikum? Was macht eure Auftritte so einzigartig, wofür lieben Euch die Fans?

Unsere Fans lieben uns, weil wir unsere Musik lieben und man das hört, sieht und spürt, wenn wir auf der Bühne stehen.

Ansonsten gibt’s keine großen Show-Elemente von uns: wir haben unseren Teppich ausgebreitet (den du auch auf dem CD-Cover siehst) und sind mit unserer Erscheinung und den Instrumenten schon selbst Show genug. Das merken wir immer ganz gut, wenn wir im Hannover im "Neuen Theater" spielen. Da sieht das Publikum uns erst, wenn sich der große rote Vorhang öffnet. Das wird dann begleitet von vielen "Aaaahs" und "Oooohs". :-)

Savoy Truffle
"Unsere Erscheinung ist Show genug." – Savoy Truffle auf ihrem Teppich.

Ich geb mal mein kleines Resümee zu den einzelnen Titeln und ihr könnt ein paar Infos oder Anekdoten zu den Songs beisteuern:

Acceptance – toller Starter mit schönen gegenläufigen Melodiebögen.

Könnte fast im Radio gespielt werden, wenn da nicht am Ende Kathrin mit ihrem wilden Sax über die Stränge schlagen würde. Eigentlich das am "modernsten" klingende Stück auf der CD. Erinnert ein wenig an Coldplay. Andererseits haben Coldplay ziemlich viel vom U2-Sound aus den 80ern abgekupfert … also doch wieder retro :-)

Nina spielt hier – wie auch auf einigen anderen Stücken – das Glockenspiel. Leider können wir das live nicht so realisieren, weil sie nicht gut gleichzeitig dabei singen kann. Glockenspiel ist gar nicht so simpel wie es aussieht: man muss sehr exakt die ziemlich winzigen Plättchen treffen, sonst gibt’s absterbende Töne oder Plopp-Geräusche. Eigentlich bräuchten wir noch einen Glockenspieler als weiteres Bandmitglied. Die Idee ist so verrückt, dass wir das glatt machen könnten …

No Fifty Ways – muss ich noch ein paarmal hören; ist mir "zu weit weg".

Das sollte ursprünglich wie eine 60s-Soul-Nummer klingen, aber das minimalistische Schlagzeug- und Bass-Spiel ist überhaupt nicht 60s-mäßig. Da haben die Drummer und Bassisten ja eher sehr lebhaft gespielt. Auch das harte, fast aggressiv klingende Cello ist gar nicht soulmäßig, sondern klingt eher nach "I am the Walrus" von den Beatles. Der Text spielt übrigens auf "Fifty Ways to Leave Your Lover" von Simon & Garfunkel an.

Realize – für mich DAS hitverdächtige Stück des Albums, da schmilzt das Radio, da fallen die Regentropfen auf die Fensterscheibe.

Ja, sehr schick! Das Streichquartett wurde übrigens von Nina arrangiert. Beim übrigen Arrangement haben wir uns ein wenig von "Oh Napoleon" inspirieren lassen, einer sehr unbekannten, aber sehr guten Band aus Krefeld.

Recording
Aufnahme der Streicher zu "Realize":
Anselm Vogler, Johanna Vogler, Sigrid Münchgesang
 

Finally – groovt gut, ist prima gespielt und gesungen, erreicht mich aber nicht.

Eine hübsche kleine soulige Popnummer – oder poppige Soulnummer? Der wohlige Wattehall stammt übrigens von einer Hallplatte aus den 70ern, die der Saarländische Rundfunk irgendwann mal ausgemustert hatte. Das ist ein Riesentrumm von zwei mal vier Metern. Sowas steht im Haus unseres Tontechnikers Marcel rum …

Give It Up – sensationell arrangiert, zwischendrin schöne fast experimentelle Parts, ich mag, wie Ninas Gesang die Geschichte erzählt; perfektes Zusammenspiel zwischen Band und Stimme.

Der Text wurde inspiriert durch die Kurzgeschichte "Gibs auf" von Franz Kafka. Die zweite Gitarre, die du auf der rechten Seite hörst, ist übrigens eine Kaufhausgitarre aus Plastik (auch aus den 70ern). Sie stammt aus Holgers lustiger Klassiker-und-Raritäten-Gitarrensammlung. Im Background ist unsere frühere Sängerin Jennie Kloos zu hören (heute bei Cheeno).

The Tube – verstehe die Story und den Aufbau, mag auch den tollen Zwischenteil, kann mich aber nicht richtig mit dem Stück anfreunden.

Zu "The Tube" haben wir ja vorhin schon einiges erzählt. Ziemlich irres Stück, das man kaum einordnen kann – sehr savoy-truffelig!

In dem epischen Zwischenteil ist wieder die Hallplatte zu hören. Die Tube-Reprise hatten wir auch auf der Original-Kassetten-Aufnahme von 1991. Das war ursprünglich eine kleine Improvisation über ein Thema. Wir fanden's lustig und haben's aufgenommen. Ein Fan hat die Reprise mal als "herrlich überflüssig" bezeichnet. Dem können wir uns anschließen. Der lange Schlussakkord der "Reprise" ist übrigens eine Anspielung auf "A Day In The Life" von den Beatles.

Hallplatte
"Sowas steht im Haus unseres Tontechnikers rum."
– "Nachhall-Erzeugungsgerät" aus den 70ern
 

Thunderstorm – wild, ACHTUNG BABY, wird zum klasse "Showdown im Harem"!

Jetzt wo du's sagst: Das Wahgitarren-Intro hat tatsächlich was von "Mysterious Ways". Eigentlich war aber mehr Led Zeppelin die Inspiration. Das Streichorchester am Schluss besteht übrigens nur aus Siggi am Cello und Ninas Schwester Aline Widjaja an der Geige. Wir haben sie einfach mehrmals übereinander aufgenommen.

Invisible Strings – zarteste irische Butter auf düsterem deutschen Graubrot, serviert zu teurem akustischen Eiswein.

Am Schluss meint man auch ein Orchester zu hören, es ist aber nur die Rockband + Cello + Querflöte. Wir haben's nur sehr orchestral gespielt. Und unser Tontechniker Marcel Sude hat auch noch ein bisschen mit dem Hall gezaubert.

Bei diesem Stück und bei "Realize" haben wir erst Klavier und Gesang aufgenommen und dann die anderen Instrumente nach und nach ergänzt. Um den "Engelschor" am Schluss gab es übrigens ein paar bandinterne Diskussionen … :-)

For A Little While – kommt etwas später, setzt sich mit spanischer Eleganz in den Gehörgang und macht es sich da gemütlich.

Das Stück ist eigentlich eine Fortsetzung von "A Little Moment Only" von unserem letzten Album: die gleiche Bar, die gleiche melancholische Stimmung.

Für diesen Titel hat Kathrin extra die Kunst des Trompetenspiels erlernt. Und es ist auch wieder ein Exemplar aus Holgers Gitarrensammlung zu hören: die "Beach Guitar", eine alte, ziemlich kleine Akustikgitarre mit Stahlseiten. Die zweite Stimme singt übrigens Ninas Schwester Aline.

Trompete
Erlernte die Kunst des Trompetenspiels: Kathrin Berger

La Salvación – wunderschöne epische Klarinetten-Melodie, die progressiv mit mir spielt, und eine feurige, spanische Nina, die (soweit reicht mein Wortschatz) von Liebe und Drama singt.

Ja, eigentlich braucht man kein Spanisch zu können, um das Lied zu verstehen. Ein Stück im Dreiviertel-Takt. Eigentlich eher selten in der Pop/Rockmusik. Leider kann man trotzdem keinen Walzer drauf tanzen, weil es gelegentlich ein paar fiese Zweiviertel-Einschübe gibt. So sind wir halt! :-) Obwohl es eigentlich rhythmisch ziemlich komplex ist, fließt es doch sehr ruhig und angenehm ins Ohr.

Klarinette hört man auch sehr selten in der Rockmusik. Man muss auch ein bisschen aufpassen, wo man sie einsetzt. In Dur-Stücken tendiert sie leicht dazu nach "Augsburger Puppenkiste" zu klingen.

Last Night – tolles, bombastelndes Rock-Stück! So viele spannende Ebenen drin, wow!

Hier spielt Urmitglied und Neuerdings-wieder-Mitglied Dausi Jacoby den Bass. Was am Schluss der letzten Strophe nach Drumcomputer klingt, ist Alain, der einen Notenständer mit einem Trommelklöppel malträtiert.

Alain Neumann
"… Alain, der einen Notenständer mit einem Trommelklöppel malträtiert."

 

Where Is The Love? – schöne ruhige string-lastige Ballade, die zum Schluß mit starken Gitarren, Drums und Sax-Solo überrascht.

Das Stück hatten wir schon mal 1999 auf unserm Album "Dónde está la piscina?". Aber da wir es inzwischen komplett anders spielen haben wir's nochmal aufgenommen in der neuen Version. Die alte Version mit einem auf Französisch rappenden Alain kannst du Dir zum Vergleich auf unserer Homepage anhören.

Sag Lieber Lebewohl – zarrrteste Ballade und mein heimliches Lieblingsstück, weil es auch in meinem Film gespielt wird. So schön trennt sich keine andere Prinzessin vom falschen Prinz.

Ja! Wunderschön.

Jörg Buschka ist Jahrgang 1971 und lebt in Wiesbaden.

Er realisiert als freier Journalist, Autor und Reporter Filme und TV-Beiträge u.a. für arte, n-tv und den SWR, und produziert Imagefilme für diverse Unternehmen.

Als Pionier des Internet-TV arbeitet er schon seit dem Jahr 2000 für Produktionsfirmen und Sender an Web-Formaten, und wurde zusammen mit seinem Kompanion Jan Vogel für seine eigene Web-Reportage-Reihe "Buschka entdeckt Deutschland" für den "Goldenen Prometheus" nominiert. Seit 2006 ist er als "On"-Reporter auch vor der Kamera zu sehen, hat u.a. für das ZDF vom Deutschen Filmpreis berichtet und war das Gesicht der 2010er Tourismus-Kampagne "Buschka entdeckt Österreich".
2011 präsentiert er seinen ersten Kinofilm "Buschka entdeckt Deutschland"

www.joergbuschka.de
www.buschka-entdeckt.de