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Lusimi Quelle: Saarbrücker Zeitung, 21 04. 2022

Musik wie eine Reise durch eine Märchenwelt

Am Freitag erscheint das neue Album der Saarbrücker Kult-Band Savoy Truffle. Es trägt den Namen „Dinosaur Sr.“.

von Sebastian Dingler

SAARBRÜCKEN | „Opulent“ wäre der Ausdruck, sollte man das neue Savoy-Truffle-Album namens „Dinosaur Sr.“ in einem Wort zusammenfassen. Das fängt schon damit an, dass Bandchef Zippo Zimmermann gerne aus dem Vollen schöpft, was Sounds betrifft. Er selbst bedient sowohl Tasten als auch Akustikgitarre und singt bisweilen, was bedeutet: Männliche Stimme, Akustikgitarre, Klavier, E-Piano, Orgel, Cembalo und Synthesizer kommen von ihm. Aber die Saarbrücker Band hat neben dem üblichen Inventar Bass (Chris Toff Brill), Schlagzeug (Frank J. Meyer) und Gitarre (Thom Berger) auch Percussion (Alain Neumann), verschiedene Saxofone (Kathrin Berger) und ein Cello (Sigrid Münchgesang) dabei. 

Das reicht dem soundsüchtigen Zimmermann offenbar noch nicht – zusätzlich hat er bei vier Stücken noch die Gastmusikerin Meike Degand hinzugenommen. Die bedient das verträumt-mystische Theremin, diesen hundert Jahre alten Synthesizer-Vorläufer. Gleich im ersten Stück „(The Hardest Part Is) to Be Born“ schweben diese aus alten Science-Fiction-Filmen bekannten Töne über der klaren Stimme von Awa Taban-Shomal. Später tauchen sie in der Klanglandschaft der Brill-Komposition „Dreaming of Elephants“ wieder auf. Der Bassist ist mit drei Stücken auf dem Album vertreten, zu denen er auch den Text geschrieben hat. Mit zwei Ausnahmen stammt der Rest der Musik von Zimmermann, der von sich sagt, dass er vorgegebene Texte zur Inspiration braucht. 

Die erste Ausnahme ist „Once the Stone Is Rolling“, eine ganz alte Nummer aus dem Savoy-Truffle-Repertoire, geschrieben vom langjährigen Bassisten der Anfangszeit, Urban Weber. „Ab und zu kramen wir mal in den alten Stücken und schauen, was wir noch nicht aufgenommen haben“, sagt Zimmermann. Das andere Stück ist – Savoy Truffle selbst. Der Bandname stammt nämlich von einer George-Harrison-Nummer, die auf dem Weißen Album der Beatles war. „Das wurde langsam mal Zeit, dass wir das mal aufnehmen“, so Zimmermann. Schließlich feierte die Band vor zwei Jahren ihren 30. Geburtstag. 

Die Neu-Aufnahme kann sich mit dem Original messen: Der Klang ist transparenter, die Beatles hatten (ausnahmsweise) kein Cello dabei und Taban-Shomals Stimme gibt dem Song eine neue Frische. Die ­Beatles schimmern stilistisch an vielen Stellen des Albums durch. Ansonsten finden sich viele Reminiszenzen an die Siebzigerjahre, sei es durch die wummernde Hammondorgel, die Wahwah-Gitarre oder das an Pink Floyd erinnernde Saxofon. Überraschungen gibt es auch: Wähnt sich der Hörer eben noch in einem konventionellen Rocksong, kippt die Nummer plötzlich in einen Raggamuffin-Beat ab („To Kill a Dinosaur“). 

Erwähnenswert unter den vielen starken Songs ist noch der einzig deutschsprachige namens „Kalt“: Aus dem Text von Erika Labinsky hat die Band eine Art depressives Kunstlied geschaffen, das lange im Gedächtnis bleibt. Insgesamt ist das Album wie eine Reise durch eine Märchenwelt. Überall gibt es Edelsteine, seltsame Wesen und liebliche Landschaften zu entdecken – ab und zu tauchen auch mal ein paar dunkle Gestalten auf. Dass sich eine achtköpfige Formation über so viele Jahre hält, ist schon beachtenswert. Dass sie aber eine solche Vielfalt an Sounds und Stilistiken an den Tag legt, dazu noch (fast) alles selbst erfindet, das ist schon etwas ganz Besonderes in der saarländischen Musikwelt. 

„Dinosaur Sr.“ erscheint am Freitag bei Nika Sounds als CD und als Doppel-LP sowie bei allen Streaming-Plattformen.

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