"Wenn ich die Wahrheit sagen sollte, müßt ich lügen ..."
Das Erich-K.-Vorhaben spielt Lieder von Erich Kästner

Junger Mann, 5 Uhr morgens

 

 

Kästner: Heute ein Pop-Star?

Und noch ein Ständchen zum 100.: Das "Erich-K.-Vorhaben" mit einem Kästner-Abend

"Gebrauchslyrik" schrieb Erich Kästner: Gedichte mit Verstand und Herz auf Taille. Und die hätten heute garantiert das Zeug zum Pop-Song. Beim "Erich.-K.-Vorhaben" klang's jedenfalls ganz danach.

Was würde wohl Erich Kästner heute machen, weilte er in seinem 100. Jahr noch unter uns? Eine gewagte Prognose: Er wäre Pop-Star. Zumindest was seine Gedichte angeht, die sich fernab der leider verbreiteten Dümmlichkeit deutscher Song-Texte geradezu für eine Vertonung anbieten. Den Beweis liefert das "Erich-K.-Vorhaben", das jetzt sein Debüt im vollbesetzten "Theater im Viertel" (TiV) gab. "Gebrauchslyrik" im besten Sinne war Kästners Anliegen, eine Lyrik, die Herz und Verstand erreicht. Das gelingt Pianist Thomas "Zippo" Zimmermann mit seinen Kästner-Vertonungen genau so. Dafür sorgten am Freitag auch zwei bekannte Gesichter aus Saarbrücker Bands: Isabel González Gómez von "Savoy Truffle" und Thomas Lothschütz von den "Pseudoboys". Ohne Mikro-Verstärkung gaben ihre beiden charismatischen Stimmen den Texten Kästners treffende Gestalt.

Der schrieb Liebeslieder der etwas anderen Art, mal romantisch-zärtlich, aber genauso auch ironisch-sarkastisch - letztere Seite wird ja beim "Kinderbuch"-Autor Kästner oft verkannt. "Der Straßenkehrer braucht das Abitur", meinte er weitsichtig, oder, als würde er schon Lebensmittelskandale kennen: "Bouillon mit Ei gewinnen sie aus Teer". Auch der politische Kästner, der ja auch ein engagierter Gegner von Atomwaffen war, kam hier nicht zu kurz. Wobei er bei allem Ernst immer mit einem Auge zu zwinkern scheint. Mitreißend dabei die Arrangements von Zimmermann. Die werden neben seinem Klavierspiel von dem dezenten Bass von Dausi Jacoby genauso wie durch die locker swingende Violine von Mathieu Kuttler getragen. Am Ende stürmischer Applaus im vollbesetzten "TiV". Und gäbe es einen Preis für das beste Konzert der lokalen Szene in diesem Jahr, das "Erich-K.-Vorhaben" wäre gewiss ein heißer Anwärter darauf. dgl

Saarbrücker Zeitung, 6. 12. 1999Herz

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